1.) Der Mensch muss das Leittier seines Pferdes werden!
Pferde können ohne Menschen leben. Ein Pferd hat zunächst keinen Grund, auf den Menschen zu hören - ob am Boden oder im Sattel.
2.) Wir müssen durch unser Verhalten/Umgang mit dem Pferd, dieses davon überzeugen, das wir, aus seiner Sicht, das ranghöhere Pferd sind (und das sind nicht Gerte oder Knüppel, sondern Persönlichkeitsmerkmale)
3.) Nach dem höchsten Gesetz in der Natur unter Lebewesen: dem Arterhaltungsgesetz, kann ein ranghöheres Pferd einem rangniederen Pferd nicht gehorchen. 70 % aller Pferdebesitzer und Menschen, die mit Pferden zu tun haben, sind nachgewiesenermaßen von Sicht des Pferdes aus das rangniedere Pferd.
4.) Wir brauchen eine natürliche Führungskompetenz, die Vertrauen schafft und sich als glaubwürdig erweist. Gefragt sind: Klarlinigkeit, Konsequenz, Willensstärke, Durchsetzungsvermögen, Fairness, Toleranz, Gelassenheit, Souveränität, Selbstbewusstsein.
5.) Wenn wir das ranghöhere „Pferd“ sein wollen, müssen wir uns auch den ganzen Tag im Umgang mit dem Pferd danach verhalten und in Gegenwart der Pferde auf unsere Körpersprache achten. Das Pferd testet uns ständig, ob wir noch der Ranghöhere sind (wenn wir es denn überhaupt mal geworden sind).
6.) Es gilt, die z. T. subtilen Anfragen des Pferdes zu erkennen und angemessen zu reagieren/zu antworten und zwar unmittelbar (im Ansatz eines unerwünschten Verhalten, es gibt kein falsches Verhalten bei Pferden, es wird immer nach seinem Instinkt und Erfahrung reagieren). Nach 2 Sekunden bringt das Pferd unsere Antwort schon nicht mehr mit seinem Verhalten in Verbindung.
7.) Knappe Gesten, notfalls mit sofortiger Zurechtweisung: kurz, knapp, Timing - die meisten reden zuviel und sagen zu wenig. Sparsame Kommunikation ist effektive Kommunikation. Ein Pferd lernt immer das, womit es Erfolg hat und wir bekommen immer das, was wir zulassen.
8.) Pferde sind keine Demokraten. Sie verstehen ein klares “JA” oder ein klares “NEIN”. “VIELLEICHT” kennen sie nicht und verunsichert sie, und “Vielleicht-Menschen” sind eine Gefahr für sie. Leider sind 70 % der Menschen “VIELLEICHT – Menschen”
9.) Ein hohes Maß an Konsequenz ist ein harter Job, aber notwendig für die gemeinsame Lebensgrundlage! Ein Pferd, das sich widersetzt, hat entweder nichts verstanden, hat Schmerzen oder fühlt sich bedroht und unwohl.
10.) Es gibt Grundprinzipien, die für jedes Pferd gelten. Aber jedes Pferd ist anders, so besteht die Herausforderung eines guten Trainers darin, unter Berücksichtigung der Grundprinzipien einen individuellen Weg für jedes Pferd zu finden.
11.) Es gilt solche Grundsätze zu beachten (Naturgesetze in einer Pferdeherde), wie: der Ranghöhere bestimmt Anfang und Ende des Sozialkontaktes (also hat das Pferd mich nicht anzustubsen), der Ranghöhere erlaubt (oder eben nicht), ob der Rangniedere in dessen Intimkreis darf (der Ranghöhere bestimmt also den Raum um sich herum), wer bewegt wen (der führt und ist der Ranghöhere, denn der Ranghöhere in der Herde wird sich nicht vom Rangniederen bewegen lassen), usw.
12.) „Wer nicht leitet, der leidet“ oder „wer nicht leitet, wird geleitet“. Es gilt, solange jemand noch nicht der Ranghöhere seines Pferdes ist, alle Alltagssituationen mit seinem Pferd zu durchleuchten. Ich muss mich von Anfang an wie das ranghöhere Pferd „benehmen“, auch wenn ich es mir erst erarbeiten muss.
13.) Die Kunst der kleinen Schritte, keine Ungeduld bei der Pferdearbeit: Zeit, Zeit, Zeit. Es nützen keine Seminare, Bücher, Videos, Trainer sonst etwas, wenn der Pferdebesitzer im „täglichen Leben“ mit seinem Pferd diese Grundregeln nicht beachtet.
14.) Das fängt beim Führen seines Pferdes an. Solange ich noch nicht als Ranghöherer vom Pferd anerkannt bin, darf es nicht mit seinem Kopf vor mir Laufen (also das Führen an der Schulter ist falsch zu diesem Zeitpunkt, natürlich gibt es situationsbedingte Ausnahmen). Man muss sich immer wieder nur die Natur ansehen: wird eine Wildpferdherde, z. B. von einem Wolfsrudel, durch einen Engpass gejagt, wagt es niemals ein rangniederes Pferd seinen „Hintern“ vor dem eines ranghöheren Pferdes in Sicherheit zu bringen. Natürlich flüchten die Pferde nicht in „Abteilung“, aber der Kopf des Ranghöheren ist immer vor dem Kopf des Rangniederen.
15.) Fazit:
Eine Autorität ist eine Persönlichkeit mit hohem Ansehen. Eine Autorität unterdrückt nicht, sie leitet. Leiten muss man wollen. Leitungsverweigerung kann auch heißen, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Leiten heißt Verantwortung übernehmen. Leiten kann unbequem sein, kann heißen, unattraktive Entscheidungen fällen und auch umsetzen zu müssen. Kann heißen, sich unbeliebt zu machen (bei Pferden und anderen Menschen), und das wollen manche nicht.
Dipl. Ing. Detlef Teuscher, Rai-Reiten Neuhof, Landesausbildungszentrum Berlin/Brandenburg
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